Es gibt ja immer irgendein Hashtag, das einem als Eltern das Leben leichter machen soll. Wenn die Kinder schlafen und der Tisch noch nach (chaotischem, also ganz normalem) Familienessen aussieht (#fürmehrrealitätaufinstagram), wenn das Kind mit Schokofingern auf die weiße Wand patscht (#realmumlife). Aber Hashtag hin oder her: Was allen Eltern guttut, ist andere einfach mal nicht ständig zu be- oder bessergesagt zu verurteilen. Niemanden, niemals. Garnicht so einfach. Besonders in diesen Situationen.
…Der Kindergeburtstag. Die Einladung liegt im Kindergartenrucksack, 15 Uhr nächsten Mittwoch, Kinderland. Für alle, deren Indoor-Spielplatz-Betreiber sich kreativere Namen für die überdachte Kiddies-Spielhölle ausgedacht haben: Kinderland in meinem Heimatort ist eben das, was Kinder lieben und Eltern.. naja, es ist eben für Kinder, wie der Name schon sagt. Was Eltern dort tun können: 1. Schwitzen, 2.Hörsturz kriegen, 3. dem dreijährigen Leon im Kletterlabyrinth für Kinder bis 1,20 Körpergröße hinterherklettern, 4. Versuchen, in der Geräuschatmosphäre eines überfüllten Plantschbeckens mit den anderen Muttis und Daddies ein nettes Gespräch über das Wochenende im Allgäu zu führen. Dazu gibt es wahlweise „Geburtstag M: Eintritt, Pommes und Slushgetränk“ (…dieses bunte Zuckerwasser aus dem riesigen Plastikbehälter..), „Geburtstag L“ (plus Checken Nuggets) oder „Geburtstag XL“ (plus Nuggets PLUS Eis). Ratet mal, welchen Geburtstag die meisten Eltern wählen… Erster Beurteilungsimpuls: ICH würde das natürlich alles total anders machen. Korrektur: Wenn wir eines seit der Geburt unserer Kinder gelernt haben, ist es das: SAG NIEMALS NIE.
Und spätestens, seitdem mich diese eine tolle Mama hinreißend entschuldigend angeschaut hat, als sie mir die Einladung in die Hand drückte, weiß ich: „Kinderland-Geburtstage sind kommerzieller Zuckerbomben-Reizüberflutungs-Wahnsinn und daher eigentlich ein No-Go beim Geburtstag des eigenen Kindes“ – so dachte sie auch mal. „Er wollte es unbedingt, ich habe alles versucht“, sagt sie zerknirscht. Und irgendwann Richtung Einschulung kann man dem Kind halt auch nicht mehr mit Hirsekringeln und Topfschlagen kommen (wobei, doch: Topfschlagen, genau das plane ich für den ersten großen Kindergeburtstag bei uns im September – wie früher bei meiner Mum, samt Wohnungsdeko, Sekt für die Eltern, Malwettbewerb – und das, obwohl sie als Alleinerziehende sicher nicht die üppigste Zeit zur Vorbereitung hatte.)

Zum Kindergeburtstag gehört natürlich ein eben mal schnell selbstgebackener Piratenschiff-Kuchen (mit Playmobil-Deko)! Äh, nicht.
…das Thema Kuchen. Der Piratenschiff-Kuchen stammt (ihr ahnt es) von einem Kinderland-Geburtstag, (leider) nicht von mir. Und strenggenommen auch nicht von den Geburtstagskindeltern, sondern von seiner Oma. Also: Locker zurücklehnen. Den möglichen Erstimpuls: „Hat die eigentlich sonst nichts zu tun?“ zurückpfeifen. Stück probieren. Applaudieren. Man muss es ja selbst nicht so perfekt hinkriegen! Oder ihr führt euch mal diese Geschichte einer Mutter vor Augen, die im Oktober 2018 an das „Familientrio“ der Süddeutschen Zeitung schrieb (Link ist leider nicht mehr online..aber das hier wird reichen): „An unserer Grundschule findet ein Kuchenbuffet statt. Der Erlös kommt der Schule zugute. Ich habe keine Zeit, selbst zu backen und spende deswegen einen gekauften Kuchen, den ich etwas verziere. Nun haben mich die Mütter gebeten, selbst zu backen. Ich finde das übergriffig. Was soll ich tun?“
Im Ernst? Wie wäre es, wenn jemand anbietet, zwei Kuchen zu machen, der Spaß daran hat? Oder man lässt die arme Frau einfach Geld in die Kasse einzahlen, anstatt zu meckern, dass sie einen Kuchen kauft? Der kürzlich verstorbene Familientherapeut Jesper Juul antwortete darauf sehr konsequent: „Mütter lassen ihr eigenes schlechtes Selbstbewusstsein viel zu oft an anderen Müttern aus. Sie machen sich selbst groß, indem sie über andere Mütter lästern und sie schlecht machen.“ Ergo: „Das ist aber ein primitives Verhalten, das es nicht verdient hat, dass Sie ernsthaft darauf eingehen.“ Macht mal locker oder: #coolmumsdontjudge. (Und: kann sich irgendwer vorstellen, Väter würden in so einen Streit geraten? Also. Wenn sich viele Mütter von ihren Männern doch noch einiges zu wünschen wissen, so manches sollten sie sich von ihnen abschauen.)
… und überhaupt: Essen. Könnt ihr es auch nicht lassen, zu anderen Eltern im Restaurant zu schielen, wenn ihr vielleicht grade mal in der bequemen Position seid, kein(e) Kind(er) dabei zu haben? Klar isst es sich so entspannter. Also: Einfach mal genießen, dass man seine Ruhe hat und die anderen Eltern Eltern sein lassen. Wie man auch mit Kindern im Restaurant entspannt bleibt und was viele, vor allem deutsche Eltern mit ihren Kids dort „falsch“ machen – oder wie sie es anders machen könnten – darüber habe ich mit einer Knigge-Expertin gesprochen. Ihr Ergebnis: „Oft sind die Eltern viel nerviger als ihre Kinder“.
… wenn das Kind plärrt. Und plärrt und plärrt und plärrt. Wie bei dieser Mutter letzten Sommer in München in der U-Bahn: Ihre Zwillinge, etwa anderthalb, hatte sie auf dem Schoß sitzen, es war voll, es war stickig, ich hätte auch geplärrt, wenn ich nicht 31 gewesen wäre. Die Mutter zückt ein Spielzeug nach dem anderen, schaukelt die Knie, singt leise, tröstet. Schweiß rinnt ihre Stirn herunter. Die anderen Fahrgäste blicken teils genervt, teils mitleidig, niemand kann sich aufraffen, ihr ein Lächeln zuzuwerfen. Stattdessen entertaint sie sich in die völlige Erschöpfung. Warum? Weil die Öffentlichkeit das scheinbar von ihr erwartet. Sie könnte auch einfach sagen: Wisst ihr was, scheiß drauf, jetzt müsst ihr das eben alle noch zehn Minuten lang mit mir ertragen, ich kriege diese Kinder jetzt nicht beruhigt und es sieht auch nicht so aus, das mir irgendwer helfen wollen würde. Also Augen zu und durch? Nein. Diese Mutter hatte Angst, verurteilt oder sogar noch kritisiert zu werden.
Letztes Jahr hatte ich dazu ein langes Gespräch mit Liz Sauer Williamson. Als Mutter und eine der drei Gründerinnen von Löwenzahn Organics haben sie und Ihre Kolleginnen die Initiative #coolmumsdontjudge ins Leben gerufen. Der Anlass: Laut einer forsa-Studie, die das Unterhmen in Auftrag gegeben hatte, hat sich jeder zweite Mutter schonmal als schlechte Mutter gefühlt – weil eine andere sie kritisierte.
Der Druck auf Mütter kommt aber nicht nur aus dem echten Leben, Liz führt ihn vor allem auf Social Media zurück. „Zum Glück war ich bei der Geburt meines ersten Sohnes noch nicht auf Instagram, ich weiß auch garnicht, wann ich dazu Zeit gefunden hätte“, sagt sie mir am Telefon. #fürmehrrealitätaufinstagram macht das auch nicht so viel besser. Wer aber in diesen Sommer den Post einer hitzegeplagten Mutter gesehen hat (á la: Habt kein schlechtes Gewissen, einfach mal den Rolladen runter zu machen, den Fernseher an, ganz viel Vanilleeis für die Kinder kaufen und so tun, als sei man nicht da! <3), der weiß, Instagram kann auch schön sein (ich scrolle noch nach dem Post und liefere ihn nach…). Mein Lieblingszitat von Liz: „When you become a mother for the first time, you wake up stupid every day.“ Und das ist auch in Ordnung – niemand hat das Recht, einen zu verurteilen.
Die Autorin Angela Garbes („Like a mother“) spricht im Interview mit dem Podcast-Team von Forever35 ebenfalls von ihren Erfahrungen, als Mutter ständig beurteilt zu werden. Und sagt:„The wellbeing of the Baby is as important as wellbeing of the mother. I needed to be told that.“

Perfekt, perfekter, am perfektesten. Auch diese Barbies wären ein Fall für Celeste Barber.
… zu guter Letzt: Ein wunderbarer Vergleichs-Evergreen ist dieser verdammte After-baby-Body. Oder überhaupt Body. Ich muss dazu nichts sagen, ihr kennt diese Argumente, hey, du hast ein Leben gespendet, da ist der Bauch hinterher nicht mehr derselbe, undsoweiter, Blabla. Es stimmt, bei manchen sieht er schnell wieder flach aus, aber seid euch sicher: Jede Frau findet etwas an sich, das einfach nicht mehr ist, was es mal war. Ist halt so, und es ist am besten, darüber zu lachen. Dabei hilft IMMER, aber auch wirklich immer, die wunderbare Celeste Barber. Glaubt mir, danach werdet ihr dankbar sein, wenn euch das nächste perfekte Photoshop-Hochglanzmodel von einem Cover entgegenlächelt. Es ist gleichsam die perfekte Vorlage für Celeste. Viel Spaß!
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